Mo, 19. Dezember 2022
Stellungnahme des BRI zur geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
Der Bremer Rat für Integration begrüßt die geplanten Reformen des
Staatsangehörigkeitsrechts. Die durch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser
angekündigten Reformen sollen die Einbürgerung bei bestehenden Voraussetzungen
künftig bereits nach fünf Jahren (statt bisher acht Jahren) und bei besonderer
„Integrationsleistung“ sogar nach drei Jahren möglich werden lassen.
Zugleich soll die Mehrstaatlichkeit für alle ermöglicht werden (statt bisher
nur für Staatbürger*innen der EU und ausgewählten Herkunftsländern). Der
BRI begrüßt diesen politischen Paradigmenwechsel hin zu einem moderneren und
der Zeit angemesseneren Staatsangehörigkeitsgesetz.
Die Reformbestrebungen signalisieren, dass Deutschland Menschen mit
internationaler Familiengeschichte deutlich mehr willkommen heißen, gleich
stellen und schneller zugehöriger machen möchte. Durch die Einbürgerung
entsteht die Möglichkeit zu einer echten Teilhabe, denn mit ihr gehen
umfassende Rechte einher. Vor allem politische, wie etwa das passive und aktive
Wahlrecht. Da im Land Bremen Menschen mit internationaler Familiengeschichte
einen Anteil von etwa 40 % ausmachen, sind die Reformen des
Staatsangehörigkeitsgesetzes nicht nur begrüßenswert. Sie werden nach
demokratischen Grundprinzipien v. a. mit Blick in die Zukunft sogar dringend
notwendig. Denn demokratietheoretisch ist es fraglich, inwiefern Legitimität
langfristig gegeben ist, wenn ein Großteil der hier lebenden Menschen nicht an
politischen Prozessen beteiligt wird.
Laut Koalitionsvertrag soll auch die Mehrstaatlichkeit künftig ermöglicht werden. Der BRI begrüßt ausdrücklich, dass so insbesondere Menschen der sogenannten Gastarbeiter*innengeneration gewürdigt werden, die längst ein wichtiger Teil der Gesellschaft sind. Die Neuerung des Staatsangehörigkeitsgesetzes bildet gesamtgesellschaftlich die Grundlage für mehr Chancengerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. So wird strukturellen wie wirtschaftlichen Diskriminierungsformen hinsichtlich rechtlicher Arbeitsvoraussetzungen besser entgegengewirkt.
Derzeit reproduzierte rassistische Narrative im Zusammenhang mit der Reform sind leider keine neu zu beobachtende Entwicklung und waren zu erwarten. Sie sind inkorrekt und zu verachten, denn die Bedingungen zur Einbürgerung sind nach wie vor an strenge Voraussetzungen geknüpft, welche die Antragsteller*innen erfüllen müssen. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form die Veränderungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes tatsächlich umgesetzt werden. Dieser Prozess muss mit einem kritisch prüfenden Blick begleitet werden. Ob Menschen in der Umsetzung tatsächlich Respekt, Zugehörigkeit und Teilhabe erfahren, ist zunächst noch an ein Koalitionsversprechen gebunden.