Do, 16. März 2023
Drei Jahre nach dem Anschlag von Hanau
Angehörige und Initiativen fordern Aufklärung: Welche Konsequenzen wurden gezogen und welche Fragen sind weiterhin ungeklärt?
Im Rahmen der „Internationalen Woche gegen Rassismus“ laden Bremer Rat
für Integration (BRI), Focke-Museum sowie die Senatorin für Soziales, Jugend,
Integration und Sport des Landes Bremen zu einer Diskussionsveranstaltung am 24.
März ins Focke-Museum ein. Thema ist der rassistische Anschlag von Hanau am
19. Februar 2020 und dessen Aufarbeitung.
Damals hat ein rechtsradikaler Attentäter in der hessischen Stadt Hanau gezielt
neun Menschen, die er als „fremd“ markierte, ermordet. Einer der Ermordeten
war der 22-Jährige Hamza Kurtovic.
Der Vater und die Schwester des Getöteten, Armin und Ajla Kurtovic werden im
ersten Teil der Veranstaltung auf die vielen bisher gar nicht oder nur
unzureichend geklärten Fragen eingehen. Wie konnte es zu dem Anschlag kommen?
Und wieso konnte er nicht verhindert werden? Weshalb sind die Umstände des
Anschlags immer noch nicht vollständig aufgeklärt und welche Lehren können
wir aus dem Fall ziehen?
Drei Jahre nach dem Anschlag fordern Angehörige der Opfer, dass politische
Verantwortung übernommen wird für die zahlreichen Ermittlungspannen und Fehler
beim Polizeieinsatz. Als Konsequenz der Geschehnisse und deutliches Signal an
die Bevölkerung muss eine konsequente Aufarbeitung gelingen, denn Rassismus und
rassistische Handlungen finden nicht nur auf individueller oder
gesellschaftlicher Ebene statt, sie spiegeln sich gleichermaßen innerhalb von
institutionalisierten Abläufen wieder.
Diese und weitere drängende Fragen und Forderungen sollen im Zuge der
Veranstaltung diskutiert werden.
Aufgrund der begrenzten Sitzplätze ist eine Anmeldung per Mail Ali-Haydar.Diskaya@drk-bremen.de nötig. Auch für Rückfragen zur Veranstaltung steht Dr. Ali Haydar Diskaya zur Verfügung.
Podiumsgäste:
Armin und Ajla Kurtovic
(Vater & Schwester des in Hanau ermordeten Hamza Kurtovic)
Sermin Riedel
(Polizeibeauftragte des Landes Bremen / Feuerwehrbeauftragte der Stadt
Bremen)
Prof. Dr. Daniela Hunold
(Professorin für Soziologie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht
Berlin)
Freitag, den 24.03.2023 um 19 Uhr (Einlass ab 18:30 Uhr), Focke-Museum, Schwachhauser Heerstr. 240, 28213 Bremen
Vier Fakten (Auszug) & Hintergrundinformationen zum Tathergang in Hanau
- Trotz bekannter psychischer Probleme hatte der Attentäter von Hanau seit 2013 einen Waffenschein. In einem Spiegel-Interview sagt Armin Kurtovic dazu: „Deutschland hat strenge Waffengesetze, schön und gut – aber was nutzen die, wenn sie niemand kontrolliert? Wenn kranke Menschen ganz legal Waffen besitzen können? Obwohl sie ihre Taten im Internet ankündigen?“
- Der Notausgang der „Arena-Bar“, in der Hamza Kurtovic erschossen wurde, war verschlossen, weshalb er nicht fliehen konnte. Warum der Notausgang an dem Abend verschlossen gewesen ist, bleibt weiterhin unklar. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen dazu eingestellt siehe hier. In seinem Buch Wozu Rassismus? schreibt Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani, dass der Notausgang vor der Tat von der Polizei zugesperrt worden war, damit niemand bei unangekündigten Dursuchungen fliehen konnte. Armin Kurtovic hat in einigen Interviews gefordert, dass das Verfahren um den Notausgang noch einmal neu aufgerollt wird, von auswärtigen Beamt:innen.
- Vili Viorel Paun, der den Täter verfolgte und schließlich durch die Windschutzscheibe von ihm erschossen wurde, hatte mehrfach den Polizei-Notruf angerufen, aber niemanden erreicht. Wie das passieren konnte wurde nicht aufgeklärt. Auch zu dieser Frage hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. siehe hier
- 13 der 19 Mitglieder des eingesetzten Spezialeinsatzkommandos in Hanau waren an rechtsextremen Chatgruppen beteiligt.