Di, 23. Mai 2023
Slam-Poetin Ela Fischer über "CATS ON FIRE neu entflammt"
Ela Fischer ist mit Leib und Seele Künstlerin – musikalisch ist sie in
Blues, Pop, Funk, Soul und der Klassik gleichermaßen zuhause. Und auch als
Slam-Poetin hat Ela Fischer sich in der Szene einen Namen gemacht. Geboren
wurde die heute 38-Jährige in Dakar, der Hauptstadt Senegals. Aufgewachsen ist
sie in Wissembourg im Elsass. Früh bekam sie Klavierunterricht, begann zu
singen und eigene Songs zu schreiben, von denen einige bereits bei verschiedenen
Labels veröffentlicht wurden.
Aktuell begleitet sie das Bremer Tournee Theater bei ihrem Projekt „Cats on
Fire neu entflammt“. In dem unten stehenden Text erzählt sie von der
Atmosphäre hinter den Kulissen des Open-Air-Theaterstücks, das im LichtLuftBad
bereits zu Corona-Zeiten aufgeführt wurde und nun wieder neu aufgenommen wird.
Das Stück handelt von der „schillernden, lodernden, fragilen Kraft der
Weiblichkeit in einer Welt, in der es noch einige Wege bis zur
Geschlechtergerechtigkeit zu gehen gilt“. Als Mentorin konnte das Ensemble die
ehemalige Bremer Grünen-Politikerin Helga Trüpel gewinnen.
Hier Ela Fischers Text in voller Länge:
Die Uhr zeigt null Uhr an. Hanna schließt ihren Computer und wir schauen etwas
nachdenklich hinaus auf die Straße durch das beschlagene Fenster. Ich denke an
die „Cats“ und bin dankbar für diese Frauen, die ich vor vielen Monaten
einen Sommer lang begleiten durfte. Eintauchen in ein Projekt, ambivalent aber
glücklich. Stets oszillierend zwischen der Leichtigkeit und der Furcht ein
Token zu sein. Sie beeindrucken mich allesamt. Sisi und Silke, die als Team des
Bremer Tournee Theaters versucht sind, jede und jeden zu erreichen und
mitzunehmen. Zu begeistern, neue Pfade der Kunst zu betreten. Dieses Mal wird es
feurig. „Die Katzen“ – damit sind Nomena, Silke, Barbara, Marion und Tinka
gemeint – erzählen ihre Geschichte, teilen sie mit einem Publikum, das durch
das verzauberte LiLuBa schreitet, um den Worten dieser besonderen Künstlerinnen
zu lauschen.
Und ich in ihrer Mitte. Welch ein Geschenk.
Die Zeit mit ihnen – ob singend im Regen oder tanzend mit Nicky aus Südfrika,
die als Tanzpädagogin einen wesentlichen Teil zum Theaterstück beiträgt –
ist besonders. Ihr Schweigen wie all diese Gedanken und Worte zu vergangenen
Zeiten des Lichtes, der Veränderungen und der Erkenntnis, werden in den
darauffolgenden Monaten meinen Weg entscheidend prägen.
Das Feuer der Katzen, die Proben und Sisi Zängerle’s Inszinierzung erzählen
eine Geschichte der Emanzipation der Stärke und des Mutes, parallel zeigt dies
auf, wie essentiell Frauenkultur in der Soziokultur sein kann.
Der beginn mit den Guides, Freiwillige, Freund:innen des Bremer Tournee Theaters
darf wahr genommen werden wie eine Einladung. Der Gedanke ist, einem Tourguide
zu jeder Darstellerin zu folgen. „Vielleicht möchten Sie Ihre Tour mit einer
roten Katze starten?“, Marion Minetti’s Lieblingsfarbe, frage ich am
Einlass. Aber die beiden Herren, die gekommen sind zum Lauschen, starten lieber
mit einer weißen Katze.
Das Projekt ist sehr beeindruckend und verleitet mich zunehmend dazu, zu
glauben, ich könne in ferner Zukunft auch ein Projekt beantragen. Ich würde
wollen, dass Menschen so verzaubert werden, wie sie es sind, wenn sie Nomema
Struss’ besonderer Perfomance lauschen. Erstaunt, wenn sie von Tinka auf die
Reise mitgenommen werden und jüngeren Flinta Personen wie der CIS-Männlichkeit
klar wird, dass nicht vor allzu langer Zeit der Kampf um die Freiheit weiblich
gelesener Personen, die in diesen Rollen eingesperrt wurden, der notwendige Weg
aus Patriachaler Gewalt und manchmal auch religiöser Unterdrückung war. Aus
meiner Beobachterinnen-Position, als Betreuerin und Assistenz, erlebe ich, wie
fremde Frauen sich begegnen und ältere Damen bedrückt nicken. Sich
Generationen begegnen und mitfiebern.
Auf meinem Weg zu Barbara Begerow, um zu fragen, ob sie etwas braucht, empfinde
ich einen großen Stolz, dabei sein zu dürfen. Karen Grebhan von der Agentur
für gutes Aussehen hat viel dazu beigetragen, dass das Projekt in seiner vollen
Schönheit strahlt.
Das letzte Team spaziert von Silke zurück. In der Zusammenarbeit mit ihr
erfahre ich sehr viel Empowerment und Wertschätzung. Ihre Performance erzählt
davon, dass die Welten in denen man gefangen ist unter den weißen Lacken der
Reinheit, tiefe Gräben der Verzweiflung in einem hinterlassen, alles ist weiß.
Als wir gemeinsam die Bänder einfädelten, um die Tourbändchen vorzubereiten,
erzählt sie mir, dass sie nicht erwartet hatte, dass ihre „kleine“
Inszenierung auf dem Feld so viele Menschen berührt. Ich lächele, während ich
aus dem Augenwinkel wahrnehme, dass Marion sich auf den Weg macht und ihre
Spielstätte aufbaut.
Alle Frauen sind mir sehr ans Herz gewachsen. Seit dem ersten Tag in Barbara
Begerows Haus ist aus uns mehr als ein Team geworden. Worum geht es? Wann werden
wir gewollt? Wann wird die Würde verletzt? Was ist der Traum wert? Mit Mehl
bepudert, erzählt sie den Zuschauer:innen von ihrer Laufbahn, von Eigenwert. Es
wird viel gelacht und mich beeindruckt die Eleganz und die Finesse, mit der sie
diese Inhalte übermittelt. Der Abend nähert sich dem Ende zu, ich freue mich
auf die Tanzperformance der Frauen, nach dem schon eindrucksvollen Opening von
Sisi Zängerle.
Ich schaue mich um, es wird dunkel und setzte mich auf die Bank, zu Helga
Trüpel, die das Projekt maßgeblich unterstützt hat, und die ganz gespannt,
lächelnd auf die schön beleuchtete Bühne in der Halbdunkelheit starrt.
„I am light, I am light“, vernehme ich von weitem, die letzte Gruppe wird
bald zurück sein auf dem Platz. Wann werden wir gesehen? Wen versuchen wir zu
erreichen, wenn nicht endlich uns selbst? Die Begegnung mit Barbara Begerow
prät meine heutigen Wege weiterhin. Die große Statue, die neben ihr steht,
wurde von Leonid, dem Schlosser des Lagerhauses, eigens angefertigt. Diese
stellt ihren Vater dar. Die Menschen, die sie nun zuletzt verlassen, summen
berührt „i am light, i am light…“ und lächeln beseelt. Barbara hat die
bronzefarbene Katze, das Licht bricht sich auf ihrem bronzefarbenen Kleid, es
ist nachts, nur das Leuchten der LED-Scheinwerfer erhellt die Sternennacht im
LiLuBa.
Das Ensemble kommt zusammen für den letzten Akt. Wochenlang wurde remote über
Screens mit Nicky geprobt. Zur Premiere habe ich sie nun zugeschaltet und nehme
sie mit zu jeder Frau, damit sie teilhaben kann. Es gibt Blumen zur Premiere,
einen Gesprächskreis, Reden … Die Reise der „Cats“ beginnt nun
erst.
Der Ort leert sich, vieles verräumen wir gemeinsam. Mitarbeiter:innen des
Lagerhauses kommen dazu. Was für ein besonderer Sommer. Katzen folgen und bei
ihnen zu sein, ist das Beste, was es hätte geben können. Das Feuer steckt an.
Es macht mutig und zeigt Wege auf, die gegangen werden können, wie eine Fackel,
die weiter gereicht wird.
Es stimmt, hier bräuchte es auch Feuer. Es sind einige Minuten vergangen,
seitdem ich gemeinsam mit einer Freundin den Antrag abgeschickt habe. Es ist
Winter und noch sehr kalt in den Straßen Bremens. „Wer weiß“, sage ich,
nachdem ich mich dafür bedanke, dass sie sich der Kalkulation angenommen hat.
„Vielleicht klappt es ja für uns auch!“… Time will tell. Wir schließen
den Laptop und begeben uns nach draußen. Hoffentlich kommen gute Neuigkeiten!
Und der Sommer. Ich werde berichten. Wir sehen uns auf einem Katzen-Spaziergang,
hoffentlich …!?
Ela Fischer
CATS ON FIRE Neu entflammt
30. Juni und 2. Juli, 20 Uhr, LichtLuftBad, Strandweg 105, 28201
Bremen
Tickets: 15 Euro/ 10 Euro (erm.) reservieren im Lagerhaus unter Tel.
0421/24 70 10 70 oder an der Abendkasse im LiLuBa.
info@bremer-tourneetheater.de