Ela Fischer ist mit Leib und Seele Künstlerin – musikalisch ist sie in Blues, Pop, Funk, Soul und der Klassik gleichermaßen zuhause. Und auch als Slam-Poetin hat Ela Fischer sich in der Szene einen Namen gemacht. Geboren wurde die heute 38-Jährige in Dakar, der Hauptstadt Senegals. Aufgewachsen ist sie in Wissembourg im Elsass. Früh bekam sie Klavierunterricht, begann zu singen und eigene Songs zu schreiben, von denen einige bereits bei verschiedenen Labels veröffentlicht wurden.
Aktuell begleitet sie das Bremer Tournee Theater bei ihrem Projekt „Cats on Fire neu entflammt“. In dem unten stehenden Text erzählt sie von der Atmosphäre hinter den Kulissen des Open-Air-Theaterstücks, das im LichtLuftBad bereits zu Corona-Zeiten aufgeführt wurde und nun wieder neu aufgenommen wird. Das Stück handelt von der „schillernden, lodernden, fragilen Kraft der Weiblichkeit in einer Welt, in der es noch einige Wege bis zur Geschlechtergerechtigkeit zu gehen gilt“. Als Mentorin konnte das Ensemble die ehemalige Bremer Grünen-Politikerin Helga Trüpel gewinnen.
Hier Ela Fischers Text in voller Länge:
Die Uhr zeigt null Uhr an. Hanna schließt ihren Computer und wir schauen etwas nachdenklich hinaus auf die Straße durch das beschlagene Fenster. Ich denke an die „Cats“ und bin dankbar für diese Frauen, die ich vor vielen Monaten einen Sommer lang begleiten durfte. Eintauchen in ein Projekt, ambivalent aber glücklich. Stets oszillierend zwischen der Leichtigkeit und der Furcht ein Token zu sein. Sie beeindrucken mich allesamt. Sisi und Silke, die als Team des Bremer Tournee Theaters versucht sind, jede und jeden zu erreichen und mitzunehmen. Zu begeistern, neue Pfade der Kunst zu betreten. Dieses Mal wird es feurig. „Die Katzen“ – damit sind Nomena, Silke, Barbara, Marion und Tinka gemeint – erzählen ihre Geschichte, teilen sie mit einem Publikum, das durch das verzauberte LiLuBa schreitet, um den Worten dieser besonderen Künstlerinnen zu lauschen.
Und ich in ihrer Mitte. Welch ein Geschenk.
Die Zeit mit ihnen – ob singend im Regen oder tanzend mit Nicky aus Südfrika, die als Tanzpädagogin einen wesentlichen Teil zum Theaterstück beiträgt – ist besonders. Ihr Schweigen wie all diese Gedanken und Worte zu vergangenen Zeiten des Lichtes, der Veränderungen und der Erkenntnis, werden in den darauffolgenden Monaten meinen Weg entscheidend prägen.
Das Feuer der Katzen, die Proben und Sisi Zängerle’s Inszinierzung erzählen eine Geschichte der Emanzipation der Stärke und des Mutes, parallel zeigt dies auf, wie essentiell Frauenkultur in der Soziokultur sein kann.
Der beginn mit den Guides, Freiwillige, Freund:innen des Bremer Tournee Theaters darf wahr genommen werden wie eine Einladung. Der Gedanke ist, einem Tourguide zu jeder Darstellerin zu folgen. „Vielleicht möchten Sie Ihre Tour mit einer roten Katze starten?“, Marion Minetti’s Lieblingsfarbe, frage ich am Einlass. Aber die beiden Herren, die gekommen sind zum Lauschen, starten lieber mit einer weißen Katze.
Das Projekt ist sehr beeindruckend und verleitet mich zunehmend dazu, zu glauben, ich könne in ferner Zukunft auch ein Projekt beantragen. Ich würde wollen, dass Menschen so verzaubert werden, wie sie es sind, wenn sie Nomema Struss’ besonderer Perfomance lauschen. Erstaunt, wenn sie von Tinka auf die Reise mitgenommen werden und jüngeren Flinta Personen wie der CIS-Männlichkeit klar wird, dass nicht vor allzu langer Zeit der Kampf um die Freiheit weiblich gelesener Personen, die in diesen Rollen eingesperrt wurden, der notwendige Weg aus Patriachaler Gewalt und manchmal auch religiöser Unterdrückung war. Aus meiner Beobachterinnen-Position, als Betreuerin und Assistenz, erlebe ich, wie fremde Frauen sich begegnen und ältere Damen bedrückt nicken. Sich Generationen begegnen und mitfiebern.
Auf meinem Weg zu Barbara Begerow, um zu fragen, ob sie etwas braucht, empfinde ich einen großen Stolz, dabei sein zu dürfen. Karen Grebhan von der Agentur für gutes Aussehen hat viel dazu beigetragen, dass das Projekt in seiner vollen Schönheit strahlt.
Das letzte Team spaziert von Silke zurück. In der Zusammenarbeit mit ihr erfahre ich sehr viel Empowerment und Wertschätzung. Ihre Performance erzählt davon, dass die Welten in denen man gefangen ist unter den weißen Lacken der Reinheit, tiefe Gräben der Verzweiflung in einem hinterlassen, alles ist weiß. Als wir gemeinsam die Bänder einfädelten, um die Tourbändchen vorzubereiten, erzählt sie mir, dass sie nicht erwartet hatte, dass ihre „kleine“ Inszenierung auf dem Feld so viele Menschen berührt. Ich lächele, während ich aus dem Augenwinkel wahrnehme, dass Marion sich auf den Weg macht und ihre Spielstätte aufbaut.
Alle Frauen sind mir sehr ans Herz gewachsen. Seit dem ersten Tag in Barbara Begerows Haus ist aus uns mehr als ein Team geworden. Worum geht es? Wann werden wir gewollt? Wann wird die Würde verletzt? Was ist der Traum wert? Mit Mehl bepudert, erzählt sie den Zuschauer:innen von ihrer Laufbahn, von Eigenwert. Es wird viel gelacht und mich beeindruckt die Eleganz und die Finesse, mit der sie diese Inhalte übermittelt. Der Abend nähert sich dem Ende zu, ich freue mich auf die Tanzperformance der Frauen, nach dem schon eindrucksvollen Opening von Sisi Zängerle.
Ich schaue mich um, es wird dunkel und setzte mich auf die Bank, zu Helga Trüpel, die das Projekt maßgeblich unterstützt hat, und die ganz gespannt, lächelnd auf die schön beleuchtete Bühne in der Halbdunkelheit starrt.
„I am light, I am light“, vernehme ich von weitem, die letzte Gruppe wird bald zurück sein auf dem Platz. Wann werden wir gesehen? Wen versuchen wir zu erreichen, wenn nicht endlich uns selbst? Die Begegnung mit Barbara Begerow prät meine heutigen Wege weiterhin. Die große Statue, die neben ihr steht, wurde von Leonid, dem Schlosser des Lagerhauses, eigens angefertigt. Diese stellt ihren Vater dar. Die Menschen, die sie nun zuletzt verlassen, summen berührt „i am light, i am light…“ und lächeln beseelt. Barbara hat die bronzefarbene Katze, das Licht bricht sich auf ihrem bronzefarbenen Kleid, es ist nachts, nur das Leuchten der LED-Scheinwerfer erhellt die Sternennacht im LiLuBa.
Das Ensemble kommt zusammen für den letzten Akt. Wochenlang wurde remote über Screens mit Nicky geprobt. Zur Premiere habe ich sie nun zugeschaltet und nehme sie mit zu jeder Frau, damit sie teilhaben kann. Es gibt Blumen zur Premiere, einen Gesprächskreis, Reden … Die Reise der „Cats“ beginnt nun erst.
Der Ort leert sich, vieles verräumen wir gemeinsam. Mitarbeiter:innen des Lagerhauses kommen dazu. Was für ein besonderer Sommer. Katzen folgen und bei ihnen zu sein, ist das Beste, was es hätte geben können. Das Feuer steckt an. Es macht mutig und zeigt Wege auf, die gegangen werden können, wie eine Fackel, die weiter gereicht wird.
Es stimmt, hier bräuchte es auch Feuer. Es sind einige Minuten vergangen, seitdem ich gemeinsam mit einer Freundin den Antrag abgeschickt habe. Es ist Winter und noch sehr kalt in den Straßen Bremens. „Wer weiß“, sage ich, nachdem ich mich dafür bedanke, dass sie sich der Kalkulation angenommen hat. „Vielleicht klappt es ja für uns auch!“… Time will tell. Wir schließen den Laptop und begeben uns nach draußen. Hoffentlich kommen gute Neuigkeiten! Und der Sommer. Ich werde berichten. Wir sehen uns auf einem Katzen-Spaziergang, hoffentlich …!?
Ela Fischer
CATS ON FIRE Neu entflammt
30. Juni und 2. Juli, 20 Uhr, LichtLuftBad, Strandweg 105, 28201 Bremen
Tickets: 15 Euro/ 10 Euro (erm.) reservieren im Lagerhaus unter Tel. 0421/24 70 10 70 oder an der Abendkasse im LiLuBa.
info@bremer-tourneetheater.de
© 2024 Bremer Rat für Integration. Alle Rechte vorbehalten.
Am Markt 20 • im Gebäude der Bremischen Bürgerschaft (Eingang EuropaPunkt Bremen) • 28195 Bremen
Webseite erstellt von yd media